Kann der Arbeitgeber ein Attest ablehnen?
Das neue Jahr bringt einige gesetzliche Veränderungen mit sich. Außerdem gab es in 2023 einige spannende Gerichtsurteile. In einer kleinen Serie beantworte ich jeden Tag eine aktuelle Frage aus dem Arbeitsrecht.
Heute geht es um einige interessante Änderungen rund um das Thema Krankschreibung.
Die Regelung aus der COVID-Zeit gilt wieder: Mitarbeitende haben jetzt dauerhaft die Möglichkeit, telefonisch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten – allerdings nur bei Krankheiten ohne schwere Symptome und auch nur dann, wenn sie in der jeweiligen Arztpraxis bekannt sind.
Das gilt auch, wenn Ihr Kind erkrankt ist und Sie deswegen daheim bleiben műssen. Seit dem 18. Dezember 2023 haben Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder per Telefon krankschreiben zu lassen. Die Voraussetzungen bei Kindern sind die gleichen. Sie müssen der Praxis bekannt sein, die Erkrankung darf nicht schwer sein, und die Ärztin oder der Arzt entscheidet, ob der telefonische Kontakt reicht oder nicht.
Die Krankschreibung des Kindes ist Voraussetzung dafür, dass Eltern Krankengeld gezahlt wird, wenn sie aufgrund der Betreuung ihres kranken Kindes daheim bleiben müssen. Die gesetzliche Krankenkasse zahlt Kinderkrankengeld, wenn Ihr Kind aus gesundheitlichen Gründen nicht in die Schule oder Kita gehen kann. Es beträgt regulär 90 Prozent des entgangenen Nettoarbeitsentgelts.
Während der Coronapandemie gab es länger Krankengeld: pro Elternteil statt bisher 10 Tage, 30 Tage pro Kind, für Alleinerziehende 60 Tage. Nun werden die Kinderkrankentage 2024 wieder reduziert. Das bedeutet: Für die Jahre 2024 und 2025 gibt es Kinderkrankengeld pro Kind maximal für 15 Arbeitstage, für Alleinerziehende für 30 Tage.
Kinderkrankengeld bekommen Eltern für jedes gesetzlich versicherte Kind, das jünger als zwölf Jahre alt ist. Für Kinder mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind, gibt es keine Altersgrenze. Allerdings muss die Krankenkasse nur dann für den Arbeitgeber einspringen, wenn die Regelung des § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (Entgeltfortzahlung bei vorübergehender persönlicher Verhinderung) vertraglich abbedungen worden ist. Arbeitgebern empfehle ich deshalb, die bestehenden Arbeitsvertragsmuster zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Übrigens: Bekam man vom Arzt oder von der Ärztin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, war daran lange Zeit nur schwer zu rütteln. Hatten Arbeitgeber einen Verdacht und vermuteten ein falsches Attest, konnten sie die Krankschreibung über den Medizinischen Dienst prüfen lassen. Die Chancen für Arbeitgeber, dass daraus etwas folgt, waren aber bisher meist äußerst gering.
In einer aktuellen Entscheidung stellen die Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts klar, dass einem ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen Attest weiterhin ein hoher Beweiswert zukommt. Der Beweiswert eines Attests kann jedoch aus verschiedenen Gründen erschüttert werden. Etwa, wenn die Krankheitsgeschichte unplausibel erscheint oder es unverhältnismäßig häufige Arztwechsel gab oder wenn offensichtlich gegen wesentliche Punkte der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie verstoßen wurde. Das bedeutet: Ein Attest kann jetzt einfacher angezweifelt werden als bisher.
Morgen in meiner nächsten Folge geht es um Whistleblower, das Ende der Inflationsausgleichsprämie und um höhere Freibeträge bei Betriebsveranstaltungen und höhere Verpflegungspauschalen bei Dienstreisen.