Wann kommt das Gesetz zur elektronischen Arbeitszeiterfassung?

Heute geht es zum zwei Gesetzesvorhaben, die entgegen der Erwartungen zum 01.01.2024 noch nicht umgesetzt wurden, die Arbeitgeber:innen aber unbedingt im Auge behalten sollten. Außerdem gibt es Änderungen beim Elterngeld und bei der Elternzeit.

Bereits seit der Bundesarbeitsgerichtentscheidung vom 13. September 2022 steht fest, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, Arbeitszeiten von Mitarbeitenden zu erfassen. Seitdem warten wir auf die konkrete gesetzliche Umsetzung dieser Verpflichtung, also darauf, wie die Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat. Es liegt zwar inzwischen ein Referentenentwurf vor, der eine Verpflichtung zur elektronischen Zeiterfassung für Arbeitgeber mit mehr als zehn Mitarbeitenden vorsieht. Eine Einigung der Regierung wird allerdings erst zu Ende März 2024 erwartet.

 

Noch nichts Neues zum Beschäftigtendatenschutz

Auch das von der Bundesregierung angekündigte Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz lässt auf sich warten. Im Rahmen der Digitalstrategie hatte die Bundesregierung ein Gesetzesvorhaben angekündigt, das zum Thema Datenschutz für Rechtssicherheit bei Arbeitgebern und Beschäftigten sorgen soll. Die Umsetzung dieses Vorhabens bleibt abzuarten.

 

Neue Grenzen beim Elterngeld

Die Einkommensgrenze beim Elterngeld liegt aktuell bei 300.000 €. Die Ampelkoalition hatte ursprünglich geplant, die Grenze auf nur noch 100.000 € zu senken. Das ist aber inzwischen vom Tisch. Für Geburten ab dem 01.04.2024 gilt die Einkommensgrenze von 200.000 €. Diese soll zum 01.04.2025 noch einmal auf 175.000 € gesenkt werden.

Arbeitgeber sind seitdem 01.01.2024 verpflichtet, den Beginn und das Ende der Elternzeit eines Mitarbeitenden der gesetzlichen Krankenkasse anzuzeigen.

Ab wann braucht das Unternehmen eine Meldestelle für Hinweisgeber?

In der heutigen Folge geht es um Whistleblower, das Ende der Inflationsausgleichsprämie, höhere Freibeträge für Betriebsveranstaltungen, höhere Verpflegungspauschalen und um das Fachkräfteeinwanderungsgesetz.

Whistleblower sind Mitarbeitende, die Missstände im Unternehmen entdecken und dann einer internen Meldestelle Hinweise über Rechtsverstöße geben. Eigentlich eine gute Sache, damit das Unternehmen die Missstände schnell beseitigen kann. Damit diese Mitarbeitenden keine Konsequenzen fürchten müssen, sollten Whistleblower besser geschützt werden. Im Dezember ist eine Änderung des Hinweisgeberschutzgesetzes in Kraft getreten. Nun müssen alle Arbeitgeber mit 50 und mehr Beschäftigten eine interne Meldestelle unterhalten. Bislang gab es diese Vorgabe nur für große Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten sowie für Arbeitgeber in ausgewählten Branchen. Kommt der Arbeitgeber der neuen Pflicht zur Einrichtung des Hinweisgebersystems nicht nach, drohen nun drakonische Strafen.

Seit dem 26. Oktober 2022 können Arbeitgeber steuer- und abgabenfrei bis zu 3000 Euro an ihre Beschäftigten auszahlen, um die durch Pandemie, Krieg und Inflation gestiegenen Preise auszugleichen. Ob und in welcher Höhe die Inflationsprämie gezahlt wird, ist aber Entscheidung des Arbeitgebers. Er hat auch die Möglichkeit, nur an die Mitarbeitenden in niedrigeren Gehaltsklassen die Prämie zu zahlen. Sie wird zusätzlich zum Gehalt und zum Urlaubs- oder Weihnachtsgeld gezahlt. Sie muss auch nicht in einer Summe überwiesen, sondern kann zum Beispiel auch in monatlichen Teilbeträgen gestückelt werden. Bei der konkreten Ausgestaltung der Sonderzahlung ist jedoch Sorgfalt geboten. Um wirtschaftliche Risiken für das Unternehmen zu vermeiden, müssen Arbeitgeber nicht nur steuerrechtliche Vorgaben einhalten, sondern auch den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz im Blick haben. Die Möglichkeit zur Zahlung der Inflationsausgleichsprämie läuft Ende 2024 aus.

Der steuerliche Freibetrag für Zuwendungen oder Geldwertvorteile des Arbeitgebers im Rahmen von Betriebsveranstaltungen, wie etwa Betriebsausflüge oder Weihnachtsfeiern, soll zum 1. Januar 2024 von 110 Euro auf voraussichtlich 150 Euro je Betriebsveranstaltung und je teilnehmenden Mitarbeitenden angehoben werden – für weiterhin bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich. Der Bundesrat muss der Erhöhung noch zustimmen.

Die steuerfreien Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen sollen ab dem 1. Januar 2024 angehoben werden, und zwar auf 30 Euro für mehrtägige Reisen und auf 15 Euro für An- oder Abreisetage sowie Tage mit über achtstündiger Abwesenheit von der Wohnung oder ersten Tätigkeitsstätte. Die Erhöhung der Pauschalen bedarf noch der endgültigen Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat.

Ausländischen Fachkräften soll das Fachkräfteeinwanderungsgesetz erleichtern, in Deutschland einen Job zu bekommen. Das soll insbesondere dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Das dazugehörige Gesetz wurde im Sommer 2023 verabschiedet, seit November sind erste Teile davon in Kraft getreten. Seitdem erhalten Fachkräfte mit entsprechender Qualifikation einfacher eine Aufenthaltserlaubnis. 2024 werden nun weitere Teile des Gesetzes in Kraft treten, beispielsweise muss die neue Tätigkeit nicht mehr mit dem Abschluss der Fachkraft übereinstimmen.

In der letzten Folge geht es um Elternzeit und Elterngeld und zwei Themen, die besonders für Arbeitgeber:innen brisant sind, aber noch auf sich warten lassen: die Arbeitszeiterfassung und der Beschäftigtendatenschutz.

Kann der Arbeitgeber ein Attest ablehnen?

Das neue Jahr bringt einige gesetzliche Veränderungen mit sich. Außerdem gab es in 2023 einige spannende Gerichtsurteile. In einer kleinen Serie beantworte ich jeden Tag eine aktuelle Frage aus dem Arbeitsrecht.

Heute geht es um einige interessante Änderungen rund um das Thema Krankschreibung.

Die Regelung aus der COVID-Zeit gilt wieder: Mitarbeitende haben jetzt dauerhaft die Möglichkeit, telefonisch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten – allerdings nur bei Krankheiten ohne schwere Symptome und auch nur dann, wenn sie in der jeweiligen Arztpraxis bekannt sind.

Das gilt auch, wenn Ihr Kind erkrankt ist und Sie deswegen daheim bleiben műssen. Seit dem 18. Dezember 2023 haben Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder per Telefon krankschreiben zu lassen. Die Voraussetzungen bei Kindern sind die gleichen. Sie müssen der Praxis bekannt sein, die Erkrankung darf nicht schwer sein, und die Ärztin oder der Arzt entscheidet, ob der telefonische Kontakt reicht oder nicht.

Die Krankschreibung des Kindes ist Voraussetzung dafür, dass Eltern Krankengeld gezahlt wird, wenn sie aufgrund der Betreuung ihres kranken Kindes daheim bleiben müssen. Die gesetzliche Krankenkasse zahlt Kinderkrankengeld, wenn Ihr Kind aus gesundheitlichen Gründen nicht in die Schule oder Kita gehen kann. Es beträgt regulär 90 Prozent des entgangenen Nettoarbeitsentgelts.

Während der Coronapandemie gab es länger Krankengeld: pro Elternteil statt bisher 10 Tage, 30 Tage pro Kind, für Alleinerziehende 60 Tage. Nun werden die Kinderkrankentage 2024 wieder reduziert. Das bedeutet: Für die Jahre 2024 und 2025 gibt es Kinderkrankengeld pro Kind maximal für 15 Arbeitstage, für Alleinerziehende für 30 Tage.

Kinderkrankengeld bekommen Eltern für jedes gesetzlich versicherte Kind, das jünger als zwölf Jahre alt ist. Für Kinder mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind, gibt es keine Altersgrenze. Allerdings muss die Krankenkasse nur dann für den Arbeitgeber einspringen, wenn die Regelung des § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (Entgeltfortzahlung bei vorübergehender persönlicher Verhinderung) vertraglich abbedungen worden ist. Arbeitgebern empfehle ich deshalb, die bestehenden Arbeitsvertragsmuster zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Übrigens: Bekam man vom Arzt oder von der Ärztin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, war daran lange Zeit nur schwer zu rütteln. Hatten Arbeitgeber einen Verdacht und vermuteten ein falsches Attest, konnten sie die Krankschreibung über den Medizinischen Dienst prüfen lassen. Die Chancen für Arbeitgeber, dass daraus etwas folgt, waren aber bisher meist äußerst gering.

In einer aktuellen Entscheidung stellen die Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts klar, dass einem ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen Attest weiterhin ein hoher Beweiswert zukommt. Der Beweiswert eines Attests kann jedoch aus verschiedenen Gründen erschüttert werden. Etwa, wenn die Krankheitsgeschichte unplausibel erscheint oder es unverhältnismäßig häufige Arztwechsel gab oder wenn offensichtlich gegen wesentliche Punkte der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie verstoßen wurde. Das bedeutet: Ein Attest kann jetzt einfacher angezweifelt werden als bisher.

Morgen in meiner nächsten Folge geht es um Whistleblower, das Ende der Inflationsausgleichsprämie und um höhere Freibeträge bei Betriebsveranstaltungen und höhere Verpflegungspauschalen bei Dienstreisen.

Das ändert sich 2024 bei Minijob und Mindestlohn?

Das neue Jahr bringt einige gesetzliche Veränderungen mit sich. Außerdem gab es in 2023 einige spannende Gerichtsurteile. In einer kleinen Serie beantworte ich jeden Tag eine aktuelle Frage aus dem Arbeitsrecht.

Folge 2: Was sich bei Mindestlohn und Minijob ändert

Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn wird zum 1. Januar 2024 von bislang 12 Euro brutto auf 12,41 Euro brutto pro Arbeitsstunde erhöht. In einem weiteren Schritt soll er dann Anfang 2025 nochmals auf 12,82 Euro erhöht werden.
Die monatliche Verdienstgrenze für geringfügig Beschäftigte, besser bekannt als Minijobberinnen und Minijobber, wird zum Jahresbeginn ebenfalls angehoben. Sie liegt künftig bei 538 Euro brutto statt bisher 520 Euro.

Und wie sieht es für die Lohnentwicklung aus? Für das kommende Jahr erwarten die Experten, dass die Reallöhne wieder zulegen. Zuletzt war  die Kaufkraft von Beschäftigte dreimal in Folge gesunken.

In der Folge morgen geht es um Neuregelungen bei der Krankschreibung und um das Kinderkrankengeld.

Bis wann muss ich meinen Resturlaub nehmen?

Folge 1: Bis wann kann ich meine restlichen Urlaubstage nehmen?

“Den Resturlaub aus diesem Jahr muss man bis Ende März genommen haben, sonst verfällt er.” Das glauben viele – stimmt aber nicht. Urlaubsansprüche verjähren nur dann, wenn der Arbeitgeber vorher auch ausdrücklich auf noch bestehende Resturlaubstage hingewiesen hat.
Eine allgemeine Mail der Personalabteilung reicht übrigens nicht aus.
Der Chef oder die Chefin muss jeder und jedem Beschäftigten individuell seine offenen Urlaubstage erläutern. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht auf die Verjährung nach drei Jahren aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch berufen, noch auf den Verfall des Urlaubs spätestens zum 31. März des Folgejahres, der sich aus dem Bundesurlaubsgesetz  ergibt.
Das bedeutet aber nicht, dass Arbeitnehmer:innen noch Jahrzehnte Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben. Das Bundesarbeitsgericht hat nämlich Anfang 2023 entschieden, dass für Beschäftigte, die aus einem Arbeitsverhältnis ausscheiden, am Ende des dritten Kalenderjahres nach dem Jahr des Ausscheidens der Urlaubsanspruch verjährt.

Falls Sie also noch Resturlaub bei Ihrem alten Arbeitgeber von vor fünf Jahren haben und planten, sich den nachträglich auszahlen zu lassen: das klappt leider nicht.

Morgen geht es um die Frage, was sich bei Minijob und Mindestlohn ändert.

Anwalt – braucht keiner!

Ein Abgesang auf die Anwaltskaste.

Warum ich 100 Tage nach der Gründung meiner eigenen Kanzlei zu der Erkenntnis gekommen bin, dass kein Mensch mehr Anwälte braucht – zumindest nicht so, wie sich Anwälte oft präsentieren: rechthaberisch, belehrend, windig.

Eine kleine Denksportaufgabe:
Ordnen Sie folgende drei Begriffe in eine Reihenfolge, wen Sie morgen am wenigstens treffen wollen:

  1. Zahnarzt
  2. Steuerberater
  3. Anwalt

Sollte da jetzt bei Ihnen Anwalt als erstes stehen, liegt das sicher auch daran, dass unser Stand oft alles dafür tut, um belehrend, abgehoben, ja manchmal sogar rechthaberisch daher zukommen. Wir sind Meister darin, mit Fachbegriffen umherzuwerfen und schlicht den Eindruck zu erwecken, das Recht gepachtet zu haben. Dabei wandelt sich der Beruf des Anwalts aber gerade extrem. Künstliche Intelligenz übernimmt zunehmend weite Teile der Beratung, gerade in einfacher gelagerten Rechtsfällen.

Als ich den Entschluss gefasst habe, in Hameln, wo es nicht an Anwälten und Notaren mangelt, eine eigene Notariats- und Anwaltskanzlei zu gründen, habe ich mir also gründlich Gedanken gemacht, wie ich mich positionieren möchte, was ist der Mehrwert, den Menschen erfahren sollen, wenn Sie zu mir kommen? Rückblickend bin ich erstaunt, dass mit der Gründung natürlich sehr viele technische, steuerliche und rechtliche Dinge zu regeln waren, ich aber sehr viel Zeit mit der Formulierung der Texte für die Homepage, Auswahl der Einrichtung, der Kanzleifarbe usw. verbracht habe.

Im Gründungsprozess ist mir immer klarer geworden: In meiner Kanzlei soll es passgenaue Rechtsberatung und Vertretung für die jeweilige Situation geben und nichts „von der Stange“! Ich möchte, dass Menschen, die zu mir kommen, sich wohl fühlen. Ich möchte Ansprechpartner, Begleiter, Berater sein. Jemand, der in den schwierigen Situationen, die meistens mit dem Aufsuchen eines Anwalts einhergehen, da ist und mit meiner gesamten juristischen Kompetenz, im Arbeits-, Familien- und Erbrecht, sowie Notariat, zur Seite steht. Ich möchte eine verständliche Sprache sprechen, Juristenkauderwelsch „übersetzen“, den Menschen Sicherheit geben, wenn sie sich auf das unbekannte Terrain notarieller Verträge, Gerichtsprozesse und rechtliche Auseinandersetzung begeben.

Nach 100 Tagen kann ich sagen, dass das, was mich am meisten freut Sätze von Mandanten sind, die bestätigen, dass dieses Konzept ankommt. Es sind Sätze, wie: „Ach, ist das schön hier. Hier fühlt man sich wohl!“ „Ich bin so froh, dass jetzt alles geregelt ist!“ Gut, dass man Sie immer alles fragen kann!“ Ein Mandant, den ich in einer Familiensache vertreten habe, bat um Rückruf, da sein Arbeitgeber mit Kündigung drohte. Beim Telefonat sagte er mir: „Entschuldigung, ich war wohl etwas voreilig. Ich bin in der Gewerkschaft und die übernimmt die Beratung. Aber mein erster Gedanke war, als die Welt unter meinen Füßen zusammenbrach aufgrund der drohenden Kündigung, ich muss Frau Bahlmann anrufen!“ Solche Aussagen bestätigen mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Natürlich gibt es auch noch vieles zu verbessern. Mit der Eröffnung haben wir einen richtigen Ansturm erlebt und gerade am Anfang alles angenommen. Ich glaube jeder, der gerade gegründet hat, kann das nachvollziehen. Hier bin ich dabei zu lernen, auch einmal „nein“ zu sagen, zu empfehlen, zu delegieren, Arbeitsabläufe zu verbessern…

Hier gibt es noch gut zu tun und wir haben uns das für die nächsten 100 Tage vorgenommen!

Danke für die Hilfe!

Mich für Kinder einzusetzen, die unter schwierigen Bedingungen ins Leben starten, ist mir ein Herzensanliegen! Deshalb engagiere ich mich ehrenamtlich als Vorsitzende von Aktion Kinderhilfe e.V. (AkKi). In dieser Woche durfte ich auf der Jahreshauptversammlung des Arbeitgeberverbandes der Unternehmen im Weserbergland (ADU) eine Spende entgegennehmen. Der diesjährige Referent, Werner M. Bahlsen, hat zum Thema „Familienunternehmen“ gesprochen und sein Honorar gespendet! Wir können das Geld dringend gebrauchen! Unsere Projekte unterstützen Kinder, die es aufgrund von Missbrauchserfahrungen, Gewalt, Krankheit oder soziale Benachteiligung schwer im Leben haben.
Ein herzlicher Dank an Herrn Bahlsen und dem ADU!

Arbeitslos melden? Geht jetzt auch online

Schlimm genug wenn man seinen Job verloren hat und arbeitslos ist, oder “arbeitssuchend”, wie es beschönigend heißt. Der nötige Gang zum Arbeitsamt (oder Agentur für Arbeit) ist für die meisten ähnlich belastend wie ein Zahnarztbesuch. Terminvereinbarungen, Nummern ziehen, Warteschlangen, Corona-Regeln und die Sorge, von Nachbarn und Freunden “auf dem Amt” gesehen zu werden, die Scham, keine Arbeit zu haben oder als Bittsteller dazustehen: all das ist für viele bedrückend und löst Stressaus – auch wenn es dafür keinen Grund gibt.

Die gute Nachricht ist: Den Besuch bei der Agentur für Arbeit können Sie sich ab dem 1. Januar 2022 sparen. Wenn Sie sich arbeitslos melden müssen und Arbeitslosengeld beantragen wollen, geht das jetzt auch online, 24 Stunden am Tag. Das spart Zeit und Aufwand. Damit besteht künftig eine rechtssichere elektronische Form für die Arbeitslosmeldung.

Dafür müssen Sie sich auf der Seite www.arbeitsagentur.de registrieren. Dazu müssen Sie sich mit ihrem Personalausweis identifizieren. Möglich ist das nur, wenn die Online-Ausweisfunktion (eID) dafür freigeschaltet ist. Bei allen Personalausweisen ab 2017 ist das bereits der Fall. Für ältere Dokumente muss sie erst beim Bürgeramt beantragt werden. Anschließend erhalten Sie per Post eine Transport-PIN, eine PUK und ein Sperrkennwort.

Übrigens: Sie können bereits jetzt verschiedene Leistungen über das Portal www.arbeitsagentur.de online in Anspruch nehmen. Dazu gehören beispielsweise die Beantragung von Kurzarbeitergeld oder der Weiterbewilligungsantrag für das Arbeitslosengeld II.

Wem das alles zu kompliziert ist: Die persönliche Vorsprache bei der Arbeitsagentur ist natürlich auch weiterhin möglich.

Wichtig: Während Sie auch noch zwei Wochen vor Beginn der Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld beantragen können, müssen Sie sich spätestens drei Monate vor Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitslos melden. Bei kurzfristiger Kündigung sollte dies spätestens drei Tage danach erfolgen.

Eltern streiten sich vor Gericht um Impfung des Kindes

Corona spaltet auch Familien. Was ist, wenn der Vater seinen Sohn (16) impfen lassen will, die Mutter aber strikt dagegen ist? Der Fall landete vor Gericht. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden.

Steffen D.* und Mandy K.* sind seit einigen Jahren geschieden. Sie teilen sich das Sorgerecht für ihren gemeinsamen Sohn Marco*. Marco (16)  leidet unter Adipositas und depressiver Episoden. Es liegt eine medizinische Indikation für eine Impfung gegen Covid-19 vor, um einen schweren Verlauf einer Covid-Erkrankung zu verhindern. Die STIKO empfiehlt im Fall einer Vorerkrankung eine Impfung mit dem mRNA- Impfstoff von BioNTech.

Marco lebt überwiegend bei seiner Mutter, die eine Impfung ablehnt, weil es sich in Wahrheit um eine „Gentherapie“ handle, die mehr Todesfälle nach sich zöge als eine Corona-Erkrankung. Der Vater beantragte darauf hin die Befugnis zur alleinigen Entscheidung über die Impfung. Diese wurde die im Wege der einstweiligen Anordnung vom Familiengericht vorläufig erteilt. Die Mutter klagte gegen diese Entscheidung vor dem Oberlandesgericht – und scheiterte.

Ein 16-jähriger benötigt bei einem nicht geringfügigen medizinischen Eingriff die Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern. Das Gericht stellte klar, dass die Durchführung von Schutzimpfungen für die Gesundheit eines Kindes von erheblicher Bedeutung ist. Gemäß § 1628 BGB ist die Entscheidungskompetenz im Fall der Uneinigkeit auf den Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Die an den Empfehlungen des STIKO orientierte Entscheidung des Vaters stellt das für das Kindeswohl bessere Konzept dar, so das Gericht.

Das Gericht betont ausdrücklich, dass auch der Kindeswille nach § 1697 a BGB zu beachten sei, wenn Alter und Entwicklungsstand des Kindes es ihm erlauben, sich eine eigenständige Meinung zum Streitthema zu bilden. Einwilligungsfähigkeit wird allgemein ab dem 16. Lebensjahr zuerkannt. Diese Voraussetzungen lagen vor. Marco wurde vom Gericht angehört und gab an, dass er sich impfen lassen wolle.

Allerdings wird ein nicht volljährigen Kindes gegen den Willen beider Sorgeberechtigter eine Impfung wohl kaum durchsetzen können.

*Namen geändert

Corona-Verdacht am Arbeitsplatz

Bei einem Mitarbeitenden besteht Verdacht auf Corona. Und nun? Alle nach Hause schicken oder gar den Betrieb dicht machen? Eines sollten Sie nicht tun: Den Vorfall gegenüber den Behörden vertuschen!

Marion Lucassen* aus dem Marketing-Team hustet verdächtig oft. Sie klagt zudem über Kopfschmerzen und fühlt sich fiebrig. In diesem Fallist die Sache relativ eindeutig: Schon unter normalen Umständen sollten Sie als Chef die Mitarbeiterin unverzüglich nach Hause schicken. Etwas kompliziertes ist es bei ihrem Kollegen Peter Zündorff*: Er zeigt keine Symptome, erhält aber einen Anruf seiner Partnerin, die ihm mitteilt, dass sie gerade positiv auf Covid-19 getestet worden ist. Peter ist doppelt geimpft und ein Schnelltest vor Arbeitsbeginn ist negativ ausgefallen. Trotzdem: In beiden Fällen müssen Sie jetzt schnell und entschlossen handeln, um Schlimmeres zu verhindern.

Wegen der extrem hohen Ausbreitungsgefahr des Corona-Virus ist eine Infektion meldepflichtig. Als erstes schicken Sie die betroffenen Mitarbeitenden nach Hause mit der Vorgabe, den Hausarzt zu informieren. Bis zum Testergebnis bleiben sie vorsorglich daheim in Quarantäne. Außerdem sollten die Arbeitsplätze sowohl der Betroffenen als auch der Kolleg:innen, mit denen sie Kontakt hatten, gründlich gereinigt werden und die Räume bei voll geöffnetem Fenster gelüftet werden. Notieren Sie die Namen aller Kontaktpersonen. Bei positivem Testergebnis meldet sich das zuständige Gesundheitsamt und informiert Sie über weitere Maßnahmen.

Für die behördliche Quarantäne-Zeit erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung nach dem IfSG (§ 56 IfSG). Sie sollten mit den Mitarbeitenden eine möglichst einvernehmliche Regelung in Bezug auf Lohnfortzahlung, Urlaub und Homeoffice treffen.

Schließlich müssen Sie Maßnahmen zum Schutz aller übrigen Mitarbeitenden treffen, besonders wenn es viele interne Kontaktpersonen gibt. Das Gesundheitsamt entscheidet, ob im schlimmsten Fall der Betrieb geschlossen wird und ob alle Mitarbeitenden gegen Bezahlung nach Hause geschickt werden müssen. Besonders bei Betrieben mit hohem Publikumsverkehr ist das Amt besonders streng.

Die Lohnfortzahlungspflicht besteht, wenn die Arbeitnehmer:innen arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, der Arbeitgeber sie aus betrieblichen Gründen nicht beschäftigen kann. Die ausgefallene Arbeitszeit muss nicht nachgearbeitet werden.

Es ist übrigens keine gute Idee, aus Angst vor einer Betriebsschließung einen Corona-Ausbruch gegenüber den Behörden zu vertuschen. Viel besser ist es zu kooperieren und einen Plan vorzulegen, wie Sie z.B. durch Homeoffice-Regelungen eine weitere Ausbreitung des Infektionsgeschehens verhindern.

*Namen geändert